Leise säuselt der Wind um die Böschung, während wir unseren Blick schweifen lassen. Dicke runde Kiesel umrahmen einen kristallklaren Fluss, im Hintergrund stehen rot blühende Kapokbäume. Im Wasser sehen wir eine Bewegung, erst kleine Wellen und plötzlich einen grauen Rücken. Tatsächlich schwimmt in diesem Gewässer ein Delfin, in einem Binnenland, fernab vom Ozean.
Als wir im März zu unserer Nepal-Reise aufbrechen, hätten wir nie gedacht, dass uns die Natur solch eine Begegnung schenkt. Ganz ehrlich, wir hätten es uns auch nicht träumen lassen, hier in verwunschenen Salwäldern stundenlang einen Leoparden beobachten zu können, aber das ist eine andere Geschichte. Nepal, das habe ich immer mit dem Himalayagebirge, mit Tempeln und mit quirligen Städten in Verbindung gebracht. Nach unserer Reise "Wildes Nepal" sehe ich das Land jetzt mit anderen Augen. Die Reise hat uns in die zwei spektakulärsten Parks des Flachlands geführt, in den Chitwan sowie den Bardia Nationalpark. Beides unterschiedliche und jeder für sich wunderschöne Parks, deren Landschaftsbilder sich ständig abwechseln. Mal fahren wir durch weite Graslandschaften, die mit einzelnen Solitärbäumen versehen sind, mal geht es durch dichte, mit alten Würgefeigen durchwachse Salwälder. Durch eben solch einen Wald geht es auch, bis wir an dessen Ende glitzerndes Wasser durch die Baumstämme schimmern sehen.
Hier sind wir wieder: am Steilhang, mit dem atemberaubenden Blick über die Flusslandschaft, den blühenden Kapokbäumen und dem Delfin. Ein Gangesdelfin, um genau zu sein. Ein Tier, das leider viel zu wenig Aufmerksamkeit bekommt und das, vermutlich weil es so unscheinbar ist, ganz knapp vor dem Aussterben steht. Bedroht durch Überfischung, Vermüllung der Gewässer und vor allem durch Staudämme. Eigentlich ist es ein Wunder, dass es überhaupt noch Gangesdelfine in freier Natur gibt.
Das unerwartete Auftauchen des Delfins fügt sich harmonisch in die Szenerie ein, und doch erzählt sie eine Geschichte von Überlebenskampf und Bedrohung. Der Gangesdelfin, der sich durch seine Anpassung an Süßwasserumgebungen auszeichnet, kämpft gegen die Herausforderungen des modernen Lebens. Der Fluss, der sein natürliches Zuhause ist, wird unaufhörlich von menschlichen Eingriffen beeinflusst.
Mit seiner auffällig langen Schnauze, zeigt der Gangesdelfin eindrucksvoll, dass er sich in den äußerst schlammigen Gewässern des Ganges und anderer Flüsse orientiert. Seine imposante Nase, die bis zu einem Meter lang sein kann, ermöglicht ihm das Überleben in diesen spezifischen Lebensräumen.
Die Augen des Gangesdelfins, stark reduziert und auf die Wahrnehmung von Licht und Schatten beschränkt, hindern ihn nicht daran, Beute zu orten und sich im Wasser zu orientieren. Seine Fähigkeit zur Echoortung (Echolokation) ermöglicht ihm auf bemerkenswerte Art sein Überleben, trotz der eingeschränkten Sicht.
Im Gegensatz zu den meisten Delfinarten, die im Salzwasser der Ozeane leben, ist der Gangesdelfin eine Süßwasserart. Flüsse wie der Ganges, Brahmaputra und Meghna in Indien, Nepal und Bangladesch sind sein Lebensraum. Diese Anpassung an das Süßwasserumfeld macht ihn zu einer einzigartigen und faszinierenden Spezies.
Trotz seiner Einzigartigkeit und Anpassungsfähigkeit steht der Gangesdelfin aufgrund von Lebensraumverlust, Wasserverschmutzung und dem Bau von Staudämmen als gefährdet auf der Roten Liste der bedrohten Arten der IUCN.
Bei unserer Recherche stoßen wir auf zwei bedeutende Schutzprogramme, die sich dem Erhalt dieser bedrohten Art widmen:
Das erste Programm, das "Ganges River Dolphin Conservation Education Programme" genannt wird, konzentriert sich auf die Aufklärung der lokalen Bevölkerung über die Bedeutung des Gangesdelfins für das Ökosystem. Es setzt auf Umweltbildung und sensibilisiert die Menschen für die Gefahren, denen diese faszinierende Spezies ausgesetzt ist. Diese Aufklärungsarbeit zielt darauf ab, die Gemeinschaft dazu zu bewegen, aktiv an Maßnahmen zum Schutz der Lebensräume teilzunehmen und nachhaltige Praktiken zu unterstützen.
Das zweite Programm, bekannt als "Ganga Prahari", konzentriert sich auf den Schutz der Flussökosysteme und den Erhalt von natürlichen Wanderkorridoren für die Gangesdelfine. Durch die Zusammenarbeit mit Regierungsbehörden und Umweltorganisationen werden Schutzgebiete geschaffen und Maßnahmen ergriffen, um die Wasserqualität zu verbessern und den Bau von weiteren Staudämmen zu regulieren. Dieses Programm zielt darauf ab, die Lebensbedingungen für die Gangesdelfine nachhaltig zu verbessern.
Durch die Wirkung dieser und weiterer Maßnahmen bleibt unsere Hoffnung bestehen, dass die Gangesdelfine und ihre Lebensräume langfristig geschützt und erhalten werden können.
Bei unserer Begegnung mit dem Delfin erfahren wir nicht nur den Einfallsreichtum der Natur, sondern auch eine drängende Realität. Dieses unscheinbare, graue Wesen symbolisiert den Kampf um das Gleichgewicht zwischen Mensch und Natur. Während wir die sanften Wellen betrachten, verstehen wir, dass jede Begegnung mit der Natur eine Gelegenheit ist, sich bewusst zu werden und aktiv zum Schutz unserer Umwelt beizutragen.
Wir sind jedenfalls froh, seltener Zeuge seiner Existenz gewesen zu sein und hoffen, dass Delfine trotz aller Widrigkeiten die Flüsse Nepals mit Leben füllen.
Reisevorschlag
Naturreisen mit travel-to-nature
- Einzigartige Naturmomente
- Perfekte Organisation
- Exzellente Naturguides
- Transparentes Engagement
- Handverlesene Unterkünfte
Grüner Mehrwert
- Pro Teilnehmer spenden wir 25€ an unser Moorschutz-Projekt in Litauen
- Transparentes Engagement für den Natur- und Artenschutz