Beratung Deutscher Nachhaltigkeitspreis 2022 Siegel
Berge in Nepal

Wie nachhaltiger Tourismus Leben retten kann

Eine Geschichte aus Nepal

Rainer Stoll / 15.08.2024 Blog author avatar

Manchmal kommt das Leben mit einer Wucht daher, die einen ins Mark trifft. Es war der 30. Mai 2024, ein Tag, der sich wie ein lauer Sommermorgen anfühlte, als die Nachrichten aus Indien von schwindelerregenden Temperaturen von bis zu 50 Grad berichteten. Inmitten dieser Meldungen erreichte mich eine Nachricht von Pawan, unserem langjährigen Tiger-Guide und geschätzten Freund. Seine Worte hatten eine Schwere, die den Atem stocken ließ: „Ich war heute im Dschungel, bin von einem Baum gefallen, etwa fünf Meter tief. Mein Rücken ist gebrochen, bin jetzt im Krankenhaus, es war ein sehr schlechter Tag für mich.“

Gebetsfahnen in Durbar Square, Kathmandu, Nepal

Das Leben schlägt manchmal unerwartet zu – ob es Schicksal war oder einfach nur Pech, wer weiß das schon. Was uns bleibt, ist die Hoffnung, dass wir zur richtigen Zeit am richtigen Ort sind, um zu helfen. Pawan hatte mir direkt ein Röntgenbild geschickt, das ich umgehend an Martin H., einen befreundeten Arzt, weiterleitete. Die Diagnose war ernüchternd: Neben dem gebrochenen Rücken war auch die Milz in Mitleidenschaft gezogen worden. Die Dringlichkeit der Situation verlangte sofortiges Handeln.

Pawans Frau informierte sofort den behandelnden Arzt, der die Diagnose bestätigte und dankte uns für die rasche Reaktion. Doch eine bedrückende Frage drängte sich in den Vordergrund: Wie sollte Pawan die Operation bezahlen? Für einen Guide in Nepal, dessen Einkommen oft gerade für das Nötigste reicht, war die Summe von 2100 Euro für die lebensrettende OP schlichtweg unerreichbar.

Hier zeigte sich die wahre Kraft des nachhaltigen Tourismus. Ohne zu zögern, sagte unser Partner „travel-to-nature Asia“ sowie „travel-to-nature Deutschland“ zu, die Hälfte der Kosten zu übernehmen. Doch das reichte nicht aus. Eine kurze Nachricht an frühere Gäste von Pawan – Menschen, die er einst durch die wilden Landschaften Nepals geführt hatte – und keine drei Stunden später war die gesamte Summe beisammen. Es war ein Moment, der die wahre Bedeutung von Gemeinschaft und Verantwortung unterstrich.

Pawan erholt sich mittlerweile gut und die Operation hat ihm das Leben gerettet. Er freut sich darauf, bald wieder mit unseren Gruppen die Schönheit Nepals zu teilen – nur auf die wackeligen, hohen Bäume wird er in Zukunft wohl verzichten.

Tiger im Wald in Nepal

Diese Geschichte verdeutlicht, wie eng nachhaltiger Tourismus mit dem Wohl der lokalen Bevölkerung verknüpft ist. Es geht nicht nur darum, die Umwelt zu schützen oder den CO2-Fußabdruck zu reduzieren, sondern darum, Beziehungen aufzubauen, die in den entscheidenden Momenten tragen. Pawan ist nicht nur ein Guide – er ist ein Freund, ein Teil unserer Reisegemeinschaft. Und genau das ist es, was nachhaltiger Tourismus bewirken kann: Menschen zusammenzubringen, füreinander da zu sein, wenn es darauf ankommt.

Rainer Stoll
Gründer von travel-to-nature

Unser Reisetipp: